Ein Versprechen lag in der Luft, als am vergangenen Samstagabend Elisabeth Möller alias Lila Luder, eine echte Ikone der deutschen Frauenbewegung, ihr neues Programm „Jenseits von Gut und Böse“ auf der Weltbühne präsentierte. Die Spielfreude der Kabarettistin, ihr Improvisationstalent sowie Jahrzehnte ihrer Bühnenerfahrung haben den Saal sprichwörtlich zum rocken gebracht. 
Eigentlich hatte die Künstlerin sich zur Ruhe setzen wollen, zumindest was die Bühnentätigkeit angeht. Immerhin ist sie inzwischen „in Rente“. Doch wohin mit all der Lebendigkeit und den vielen Ideen?
Ganz auf Tuchfühlung nahm sie als Hausmeister Blau das Publikum in die Pflicht, Fluchtwege freizuhalten und sich ordnungsgemäß zu verhalten. Mit Hornbrille, Schutzhelm und Werkstattkittel prüfte er das Handgepäck auf mitgeführte Waffen im schnoddrigem Hausmeisterton. 
Dann die Transformation – Lila Luder ganz in Rot verwandelte die Bühne in einen Spielplatz. 

Launige Sprüche zum Überlisten des Alltags wie des Alterns, gymnastische Einlagen, radelnd vorgetragene Lyrik, Akkordeonklang zu zeitlosen Texten aus eigener Feder wie auch von Georg Kreisler und Otto Reuter mischten sich wie Beweissicherungen zu den Absurditäten des Daseins.
Dass eine bitterböse Analyse im Song „Hurra, wir erben Krieg“ auch nach einem halben Jahrhundert die derzeitige Weltlage trifft, war dem Publikum zuzumuten. Die Herzen der Anwesenden weiteten sich mit den Erlebnissen des Nashorns Friederich und einer um ihre Heiligsprechung zum Vatikan anreisenden Gurke. Und niemals wurde Jodeln so leicht gemacht, wie von selbst sprang`s unter die Leute.

Die Mischung aus Lebenslust und tragisch komischer Seelenakrobatik kam überaus gut an, was nicht zuletzt der intensiven Präsenz einer gereiften Schauspielseele zuzuschreiben ist. Zugaben, viel Applaus im vollen Haus der Weltbühne Heckenbeck.
Wieder einmal hat sich gezeigt, dass wahre Bühnenkunst nicht vom Alter limitiert wird. 

Lila Luder ist wie der Phönix aus Corona und seinen Nachwirkungen auf den Kleinkunstbühnen wieder präsent um uns hoffentlich noch viele Jahre an ihren geistigen, humorvollen Sketchen teilhaben zu lassen. „Chapeau Madame“, möchte man meinen, nach so langer Pause voll drauf.